Man stelle sich die Szene mal vor: Die Crew des norwegischen Fischerbootes „Øygutt“ schippert gemütlich in der Nähe des kleinen Dorfs Sommarøy übers Wasser, auf der Jagd nach einem erfolgreichen Tagesfang. Nach einem guten Morgenfang mit Hunderten Kilo Fisch steht eine zweite Runde an – die Netze sind ausgeworfen, alles läuft nach Plan. Doch plötzlich geht’s nicht mehr weiter. Ein ungeahnter Widerstand legt sich in die Leinen, als hätte sich der Fang seines Lebens ins Netz verheddert. Was sie jedoch aus dem Wasser ziehen, ist kein rekordverdächtiger Fisch: Im Netz steckt ein amerikanisches Atom-U-Boot!
Die „USS Virginia“, ein riesiger Koloss von einem U-Boot, 115 Meter lang und 7.800 Tonnen schwer, ist wie ein Geist durch die arktischen Gewässer gestrichen und dabei – wie der Zufall so will – mitten in die Fischernetze geraten. Gerade erst aus dem Hafen von Tromsø aufgebrochen, hätte sich das Hightech-Boot wahrscheinlich auch etwas anderes vorgestellt als von einem simplen Netz eingefangen zu werden.
„Wir dachten, wir wären auf dem Rückweg, dann meldet sich plötzlich die Küstenwache auf Kanal 16: ‚Leute, da hängt ein U-Boot in euren Netzen!‘,“ erzählt Harald Engen, einer der drei Fischer der „Øygutt“, kopfschüttelnd dem norwegischen Sender NRK. Zwei Seemeilen weiter nördlich habe das U-Boot sie samt ihrer Ausrüstung mitgeschleift. Das ist wohl die ungewöhnlichste Art, die Netze „leer“ zurückzubringen.
Die Fischer haben jetzt ohne Zweifel eine Geschichte, die ihnen so schnell keiner nachmacht – auch wenn sie über den Verlust ihrer Netze alles andere als begeistert sind. „Das Netz liegt auf dem Meeresgrund. Das können wir wohl vergessen, und eine Entschädigung werden wir wohl kaum sehen“, meint Engen mit einem ironischen Unterton im Interview mit dem „Barents Observer“.
Wie man die „USS Virginia“ dann aus dem Netz-Gewirr befreite? Die Küstenwache musste ausrücken und die Leinen von der Schiffsschraube des U-Boots kappen – eine Szene, die wohl mehr einem Film als der Realität gleicht. Am Ende konnte das U-Boot seiner Mission weiter nachgehen. Die „USS Virginia“ und ihre Schwesternschiffe, die zur 6. Flotte der US-Marine gehören, sind eigentlich bestens ausgestattet: moderne Sonartechnik, fortschrittliche Tarnkappentechnologie – und trotzdem endete die Fahrt vorerst als dicker Fang in einem unscheinbaren Fischernetz.
Leave a Comment