Die drei charmanten Chaoten aus «Top Gear» und «The Grand Tour» haben mich nachhaltig beeinflusst. Ihre Shows boten Unterhaltung, Inspiration und eine Flucht aus dem Alltag. Das Ende nach 22 Jahren rührt mich zu Tränen.
Jeremy Clarkson, Richard Hammond und James May haben das Ziel erreicht. Sie haben Geschichte geschrieben, Kontroversen entfacht und Skandale überstanden. Seit dem 13. September ist das Trio in der letzten Folge von «The Grand Tour» zu sehen – einer Autosendung, die im Kern von Freundschaft handelte.
Die drei Briten haben eine Generation von Fans geprägt, mich eingeschlossen. Ich kenne jede Episode der Vorgängerserie «Top Gear» auswendig. Clarkson, Hammond und May sind der Ursprung meiner Faszination für Autos, Roadtrips und die britische Kultur. Ich habe ihre Höhen gefeiert und mich bei den Tiefen fremdgeschämt. Davon gab es reichlich.
Willkommen zu meinem nostalgischen Rückblick.
Spaß statt Langeweile In den 90ern waren Autosendungen oft trocken und langweilig. Wer kein neues Auto brauchte, schaltete schnell weiter. Doch 2003 übernehmen Jeremy Clarkson, Richard Hammond und James May die Moderation von «Top Gear». Es war der Beginn eines steilen Aufstiegs: Auf dem Höhepunkt verfolgten bis zu 350 Millionen Menschen weltweit die Show – die meistgesehene Fachsendung überhaupt.
Das Erfolgsgeheimnis bestand aus zwei Zutaten. Erstens dem Chefproduzenten Andy Wilman. Er verwandelte «Top Gear» von einem trockenen Fachmagazin in eine unterhaltsame Show. Zwar blieben Autos das Thema, aber der Fokus verschob sich: Zahlen und Fakten traten in den Hintergrund, wichtig waren die Emotionen. «Top Gear» zeigte, wie man ein nüchternes Thema in packende Geschichten verpackt.
Die zweite Zutat war die Chemie zwischen den Moderatoren – meiner Meinung nach eines der besten Trios der TV-Geschichte. Jeder exzentrisch auf seine Weise, verschieden im Charakter, aber vereint in ihrer Liebe zu Autos und Großbritannien. Sie diskutierten, scherzten, stritten und lachten zusammen. Wer «Top Gear» sah, erlebte echte Freunde.
Im «News»-Teil plauderten sie vor einem Live-Publikum nicht nur über Autos, sondern auch über Gott und die Welt. In der Rubrik «Star in a Reasonably-Priced Car» interviewte Clarkson Prominente, die sich auf der Rennstrecke messen mussten. Was mit britischen Stars begann, führte bald auch Hollywood-Größen wie Tom Cruise und Cameron Diaz ins spartanische BBC-Studio.
Ich war ab Staffel 6 live dabei. Der Sendetermin am Sonntagabend um 19 Uhr Schweizer Zeit auf BBC 2 wurde zur festen Routine. Mein erstes Auto wählte ich nach einem Test von Clarkson: ein VW Golf GTI Mark V mit Schaltgetriebe. Noch heute das spaßigste Auto, das ich je hatte.
Größenwahn und Abenteuer
Das Herzstück der Show waren auch immer die Abenteuer des Trios: verrückte Autotests, größenwahnsinnige «Challenges» und epische Roadtrips. «How hard can it be?» wurde zum Motto der Sendung. Die Antwort: Fast immer «Very». «Top Gear» erinnerte oft an ein Reisemagazin. Auch ich ließ mich für meine Urlaubsplanung inspirieren und fuhr durch Schottland, Wales und Vietnam.
Sieben (ich hätte auch 50) Lieblingsmomente aus 22 Staffeln «Top Gear»:
Top Gear – Der unzerstörbare Toyota Hilux (2003)
Der Toyota Pick-up gilt als besonders robust. Clarkson setzte ihn härtesten Tests aus: Er fuhr Treppen hinunter, zerstörte ihn mit einer Abrissbirne, ließ ihn ins Meer fallen und zündete ihn an. Doch der Hilux gab nicht auf. Toyota verwendete die Clips später für Werbung.
Top Gear – Botswana Special (2007)
Das Trio durchquerte Botswana – nicht in Geländewagen, sondern in alten Autos. Richard Hammond liebte seinen Opel Kadett so sehr, dass er ihn «Oliver» taufte und nach Hause mitnahm.
Top Gear – Polar Special (2007)
Jeremy und James versuchten, mit einem modifizierten Toyota Hilux den Nordpol zu erreichen. Sie traten gegen Richard und eine Forscherin an, die traditionelle Hundeschlitten nutzte. Clarksons eisiges Bad blieb unvergessen – ungeskriptet und unerlaubt.
Top Gear – Reliant Robin Space Shuttle (2007)
Mit Hilfe von Wissenschaftlern versuchten James und Richard, einen Kleinwagen mit Raketen in den Himmel zu schießen. Der Reliant Space Shuttle hob tatsächlich ab, ging jedoch in einem Feuerball unter.
Top Gear – Vietnam Special (2008)
Clarkson, der Motorräder hasst, musste mit einem 1000-Dollar-Budget ein Motorrad kaufen und von Ho Chi Minh City nach Ha Long fahren. Diese Folge gehört zu den besten der gesamten Serie.
Top Gear – Zeppelin-Wohnwagen (2009)
James wollte den Verkehr von Wohnwagen entlasten und hängte einen an ein Luftschiff. Was dabei schiefging, kann man sich denken.
Top Gear – Reliant Robin Test (2010)
Clarkson testete den ikonischen Reliant Robin mit drei Rädern. Ganze sechs Mal kippte er um. Ich habe Tränen gelacht.
Keine Rücksicht auf Verluste – Die Unfälle der drei „Chaoten“
Die Stunts waren nicht ungefährlich. Richard Hammond überlebte zwei Beinahe-Unfälle: In Staffel 9 überschlug sich sein Raketenauto mit 460 km/h, später entging er knapp dem Tod, als er in einem Rimac Concept One in der Schweiz eine Kurve verfehlte und das Auto in Flammen aufging. James May hatte ebenfalls Glück, als er in Norwegen gegen eine Wand fuhr.
«Top Gear» war oft provokant. Die Moderatoren scheuten keine politischen Unkorrektheiten. Ich fand den britischen Sarkasmus oft lustig, aber manchmal überschritten sie die Grenze zum Unangemessenen.
Ein Witz in Mexiko wird zur Staatsaffäre
Mexiko-Witze In Staffel 16 machte Richard Hammond abfällige Bemerkungen über mexikanische Autos. Der mexikanische Botschafter protestierte, doch die britische Aufsichtsbehörde Ofcom wies die Beschwerde ab.
Die Tesla-Kontroverse
In Staffel 12 testete Clarkson den Tesla Roadster. Elon Musk bestritt die Aussagen und verklagte die BBC. Tesla verlor den Prozess.
Der Argentinien-Skandal
Das Trio fuhr durch Argentinien, und ein Nummernschild wurde als Anspielung auf den Falklandkrieg gedeutet. Ein wütender Mob zwang die Crew zur Flucht.
Schwindender Charme und Eskalation
Nach dem legendären Vietnam Special 2008 nahm der Charme von «Top Gear» ab. Viele spätere Folgen wirkten inszeniert. Trotz größerer Budgets machte sich eine gewisse Ermüdung breit. Das Vietnam Special bleibt dennoch für viele Fans der Höhepunkt der Serie.
Im Jahr 2015 endete die Top Gear Ära abrupt
Clarkson schlug während der Dreharbeiten zu Staffel 22 einen Produzenten. Die BBC feuerte ihn. Auch eine millionenfach unterzeichnete Petition von Fans kann daran nichts mehr ändern. Aus Solidarität reichen schliesslich auch Hammond und May ihren Rücktritt ein. «Top Gear» ist tot, die Neuauflage mit anderen Moderatoren eine einzige Peinlichkeit.
«Top Gear» war tot, die Neuauflage eine Farce.
Neustart und Wandel bei Amazon Prime2>
Kurz darauf kehrten die drei bei Amazon Prime mit «The Grand Tour» zurück. Die ersten Staffeln knüpften an «Top Gear» an, doch die erzwungene Komik ließ den Charme vermissen. Die Roadtrips blieben jedoch Highlights, und Amazon erkannte dies. Nach Staffel 3 verschwanden die Studio-Segmente.
Die Roadtrips durch Schottland oder die Mongolei erinnerten an alte Glanzzeiten. Seitdem gibt es pro Jahr nur noch wenige Specials. Sie sind schön produziert, aber auch etwas generisch. Dennoch wecken sie nostalgische Erinnerungen. Wenn Clarkson «POWEEERRRRRR» ruft, muss ich schmunzeln.
Das Beste zum Schluss – Zurück zu den Anfängen
Das endgültige Ende kam mit der Folge «One For The Road». Ohne überflüssiges Spektakel konzentriert sich das Special auf die alten Stärken. Clarkson, Hammond und May verabschieden sich würdevoll. Ihre letzte Reise führt sie durch Simbabwe, in drei Oldtimern, die sie schon immer besitzen wollten.
Es ist eine der besten Folgen überhaupt. Autos, schöne Straßen, dumme Ideen, Pannen, Freundschaft und Rivalität – alles, was ich an «Top Gear» und «The Grand Tour» liebe. Clarkson trinkt während des Steuerns ein Bier, ein letztes Aufbegehren gegen die politische Korrektheit. Ich sehe ihm das nach.
Mit einem Grinsen und einem Kloß im Hals schaue ich das Special. Gelegentlich werden auch meine Augen feucht, wenn den Dreien bewusst wird, dass dies ihr letztes gemeinsames Abenteuer ist. Das geniale Ende der Episode bringt den Abschied auf den Punkt. Clarkson sagt: «We really did save the best ‚till last». Der Abschied fällt schwer.
Danke für 22 Jahre voller Erinnerungen, Chaps. Ihr werdet mir fehlen.
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